Die Sache ist wie verwirrend

Verehrte Leserin, geneigter Leser, sollten Sie sich nicht länger oder dauerhaft in der deutschsprachigen Schweiz aufhalten, dürfte Ihnen das Folgende wie irrelevant erscheinen. Sollten Sie hingegen einen näheren Kontakt zu unsereiner (Deutschschweizpersonen) pflegen, könnten diese Ausführungen für Sie möglicherweise wie erhellend sein. Ich beabsichtige nämlich, Sie auf eine sprachliche Eigenheit der Alemannen und -frauen hinzuweisen, die mich seit meiner Jugendzeit wie irritiert. (Wenn Sie jetzt erwarten, dass ich mich auf jene verschrobenen Wendungen beziehe, die da etwa lauten: „Wenn ich dich wäre …“ oder „Sei einfach dich selbst“ und die jedes Gefühl der Sprachlogik grausamer mit Füssen treten als manche Volksinitiativen der Schweizerischen Volkspartei unseren Rechtsstaat, lernt doch jedes Kind im Lateinunterricht, dass „bei esse kein Akkusativ“ kommt, weil es ja auch nicht heisst: „Wenn ich meinen Chef wäre …“ oder „Sei einfach einen anständigen Menschen“; wenn Sie also denken, dass ich mich auf diese Unart beziehe, muss ich Sie enttäuschen bzw. darf ich Sie beruhigen: Ich werde hier kein Wort darüber verlieren.)
Aus Gründen, die mir nach wie vor wie schleierhaft sind, gibt es in der Deutschschweiz die skurrile Angewohnheit, gewisse Aussagen, die man tätigt, schon beim Akt des Tätigens wie partiell zurückzunehmen. Hier ein paar Beispiele, die mir gerade wie spontan einfallen:
„Das war mir wie nicht bewusst.“
„Ich habe mich wie gefragt, ob …“
„Ich war darüber wie erstaunt.“
„Es war wie zu spät.“
Das wie Interessante an diesen verknorzten Formulierungen ist, dass sie eine Relativierung wie vortäuschen, die realiter wie nicht wirklich stattfindet.
„Das hat mich wie nicht interessiert“ heisst eigentlich nichts anderes als „Das hat mich nicht interessiert“. Dieses „Wie“ ist wie überflüssig. Es erweckt aber wie den Eindruck, als möchte sich die sich dergestalt äussernde Person wie ein Hintertürchen offenhalten. Als würde sie zwar wie etwas sagen, aber gleichzeitig wie darauf hinweisen, dass man sich auf das Gesagte wie nicht behaften lassen möchte, weil eine sprachliche Unterdeterminiertheit wie mitschwingt. Ich sage: Etwas „interessiert mich wie nicht“. Also bleibt zumindest die theoretische Möglichkeit, dass es mich zwar nicht „interessiert“, aber auch nicht „nicht interessiert“, sondern irgendetwas ähnliches, wofür ich den präzisen Ausdruck wie nicht finde.
Vielleicht ist das Ganze ja nur ein Ausdruck jener helvetischen Diplomatie, die sich immer wieder gern eine Exit-Strategie wie mit einbaut. Aber vielleicht ist es ja auch wie nicht der Rede wert.
Warum ich mir trotzdem die Mühe genommen habe, Sie, verehrte Leseperson, darüber in Kenntnis zu setzen?
Mir war halt wie langweilig.

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